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Warum es so wichtig ist, den Bodenverbrauch zu stoppen …
Wenn man bedenkt, dass pro Jahr eine Fläche der Stadt Salzburg verschwindet, wird einem bewusst, dass wir ein Problem haben. Was uns oft nicht klar ist, ist, dass Boden eine endende Ressource und nicht wiederherzustellen ist. Die Frage liegt nahe: Wieviel Boden haben wir eigentlich noch? Geht es nach der UNO Nachhaltigkeitsstrategie dürfen wir pro Tag 2,5 Hektar Boden verbrauchen. Davon sind wir weit entfernt, wir verbrauchen derzeit das knapp 8fache – nämlich über 16 Hektar pro Tag.
Raumplanung ist kein Wunschkonzert
Natürlich bin ich nicht gegen Bauvorhaben. Mir ist durchaus bewusst, dass wir Platz fürs Wohnen, für Schulen, für Unternehmen und für den Ausbau von Infrastruktur wie Straßen und Schienenstränge brauchen. Worauf wir aber großen Wert legen müssen, ist eine vorausschauende Raumplanung. Raumplanung ist kein Wunschkonzert. Ich weiß, dass es oft ein Spannungsfeld zwischen dem Erhalt des wertvollen Bodens und der Schaffung eines attraktiven Wohn- und Wirtschaftsraums gibt und, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister hier vor großen Herausforderungen stehen. Gleichzeitig muss man aber auch festhalten, dass man sicher nicht alle glücklich machen kann. Verantwortung für die Zukunft und für das Allgemeinwohl bedeutet auch, dass man nicht jeden individuellen Wunsch erfüllen kann.
Das Dorf – ein Donut
Auch Leerstände im Ortszentrum werden zunehmend ein Problem und gehen Dörfern an die Substanz. Aussterbende Ortskerne prägen das Bild zahlreicher ländlicher Gebiete – verwaiste Geschäfte, überklebte Schaufenster und verfallende Fassaden. Gleichzeitig kommt es oft zu Siedlungserweiterungen an den Ortsrändern. Wir kennen sie alle: die Einkaufszentren, die sich rund um einen Kreisverkehr angesiedelt haben. Mitten auf der grünen Wiese. Die deutsche Architektur-Professorin Hilde Schröteler-von Brandt spricht in diesem Zusammenhang vom sogenannten „Donut-Effekt“. Zuerst entleeren sich die identitätsprägenden Ortszentren. Und wenn die Einwohner fehlen, rutschen auch die Handelsflächen mit ins „Donut-Loch“, weil die Kundschaft fehlt. Interessantes Detail am Rande: Österreich hat mit 1,8 Quadratmeter Supermarktfläche und 15 Meter Straßenlänge pro Kopf international die höchsten Verbauungszahlen vorzuweisen.
Wir fordern in diesem Zusammenhang, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen verbessert werden müssen. Bund und Länder sind aufgefordert, sich in Form einer 15a Vereinbarung auf eine verbindliche Zielsetzung zum Bodenverbrauch zu einigen. Darüber hinaus ist die Reduktion des Bodenverbrauchs als Ziel in den bodenrelevanten Gesetzen zu verankern und für ein entsprechendes Monitoring zu sorgen.
Dass es Alternativen zu phantasieloser Verbauung gibt, zeigen zahlreiche Initiativen aus Länder- und Gemeindeebene. Viele Gemeinden haben bereits neue Nutzungsformen der alten Bausubstanz erfolgreich umgesetzt. Die beiden geschlossenen Volksschulen der Kärntner Gemeinden Zeltschach und Gradenegg sind jetzt Wohnhäuser, im niederösterreichischen Gutenbrunn wurde aus einer Bankfiliale ein Fitnessraum für Jugendliche.
Geld sticht Natur
Boden hat einen Wert. Problematisch ist jedoch, dass Boden derzeit vor allem finanziell dann an Wert gewinnt, wenn er versiegelt werden kann bzw. wird – und damit ökologisch und landwirtschaftlich wertlos wird. Oft werden besonders ertragreiche Böden verbaut, da historisch bedingt dort angelegt werden, wo die Böden gut sind. Auch in Österreich werden landwirtschaftliche Flächen verstärkt von Investoren gekauft, die keinen agrarischen Hintergrund haben. Das treibt die Preise für Flächen zunehmend in die Höhe. In der Schweiz gibt es seit dem Jahr 1991 das Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht. Seit Inkrafttreten der rechtlichen Maßnahmen, ist der Kauf von Landwirtschaftsland zur Kapitalanlage durch Personen außerhalb der Familie oder juristische Personen praktisch nicht mehr möglich. Die Trennung zwischen dem Markt für Bauland und dem Markt für Landwirtschaftsland hat zu einer Preisberuhigung im Markt für Landwirtschaftsland beigetragen. Zu überlegen ist, ob auch wir in Österreich ein derartiges Gesetzt diskutieren sollen bzw. ob es dafür einen europäischen Rechtsrahmen braucht.
Nützen – schützen – lenken
Warum ist das nun alles so wichtig? Wie ein Schwamm speichert der Boden Regenwasser – und zwar bis zu 200 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Auf versiegelten Flächen wird kein Wasser gespeichert. Wenn es viel also viel regnet, kann auf unversiegelten Flächen das Niederschlagswasser im Boden versickern. Auf versiegelten Flächen fließt das Wasser dagegen oberflächig ab und die Hochwassergefahr steigt massiv an. Was das zu bedeuten hat, haben wir vor allem in den letzten Jahren in Österreich oft genug gesehen.
Eine ökosoziale Gemeindepolitik versucht, die verschiedenen Interessen und Bedürfnisse in Einklang zu bringen. Und das ist kein Nullsummenspiel. Mit kluger Planung ist qualitativer und quantitativer Bodenschutz möglich und gleichzeitig lassen sich attraktive Strukturen im ländlichen Raum sicherstellen. Wir orientieren uns an dem dreiteiligen Anspruch „nützen – schützen – lenken“, das sollte auch die Prämisse einer jeden Bürgermeisterin und eines jeden Bürgermeisters sein.
Übrigens: Unter unseren klimatischen Bedingungen braucht es zwischen 100 und 200 Jahre, bis eine Humusschicht von einem Zentimeter aufgebaut ist. Den Boden mit Beton zuzuschütten, dauert hingen oft nur wenige Minuten …
Veranstaltungstipp: Am 1. Dezember findet der Boden-Kinotag im Wiener Stadtkino statt. Mehr Infos auf www.bodeninfo.net/bodenkinotag!
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